Ja!


Was früher mein Nachteil war, ist heute mein Vorteil.

Unterschreibe ich. Sofort.

Hinzufügen möchte ich lediglich, dass Mütter, die nahezu ihr ganzes Leben als Hausfrau zugebracht haben, bei gutem Willen zwar intellektuell einigermaßen nachvollziehen, keinesfalls aber nachempfinden können, was es bedeutet Kinder großzuziehen und gleichzeitig Vollzeit berufstätig für das Familieneinkommen zuständig zu sein. Vor allem, wenn man das dann auch noch (über eine ganze Zeit hinweg) geschieden und alleinerziehend stemmt.

Es ergeben sich dann immer wieder erquickende Gespräche.
So in etwa:

Muttern: „Also die S. die war ja immer so gut. Die hat neulich für ihren Mann einen Text ins Englische übersetzt.“

Icke: „ja.“

Muttern: „Die war immer besser als Du! Die kann Englisch!“

Icke: “ Na kein Wunder, dass sie das kann. Das hat sie ja mal studiert.“

Muttern: „Die S. ist immer so tüchtig und die hat so viel zu tun!“

Icke: „Die S. hat ihr Studium ohne Abschluss abgebrochen, die S. hat NIE gearbeitet!“

Mutter (höchst empört): „Die S. kann ja auch gar nicht arbeiten, die S. hat schließlich Familie!!! Die hat ZWEI KINDER!!!!“

Icke (nur noch gedacht): „Und was hab‘ ich? Zwei Meerschweinchen?“

Aber okay, diese Einstellung ist jetzt nicht auf die eigenen Mutter beschränkt. Viele klagende Hausfrauen jüngeren Baujahrs denken auch, der Haushalt einer berufstätigen Mutter erledige sich von allein, bzw. wäre quasi inexistent.


15 Antworten zu “Ja!”

  1. „Icke (nur noch gedacht): »Und was hab‹ ich? Zwei Meerschweinchen?«“

    Das unterscheidet uns. Ich hätte es ausgesprochen. Diese Vergleiche zieht meine Mutter seid Jahrzehnten zwischen meiner Schwester und mir. Meine Schwester hätte ja viel mehr gelernt, so ein kluges Mädchen usw. Nun ist meine Schwester Industrie-Kauffrau und ich hab zwei Ingenieurs-Titel und finanziere damit meiner Mutter ein angenehmes Leben. Irgendwann kann man auch Müttern Grenzen klar machen. Sie werden es überleben und auch Weltbilder kann man erschüttern.

  2. das verständnis, das einem entgegengebracht wird, musste sehr lachen und zurückdenken.

    wahltante zu mir: und, was hast diese woche auf der uni gelernt?

    ich: äh …

    wahltante: na, sag schon!

    ich: deskriptive grammatik russisch, american literature and film englisch, internationale organisationen und recht und wirtschaft allgemein, ..,

    wahltante unterbricht: du gibst wirklich nur blöde antworten wenn man dich nach dem studium fragt. du studierst doch dolmetsch, das hat doch alles damit nix zu tun. da kannst ja nie fertig werden.

    zumindest mit letzterem hat sie aber recht gehabt. nicht gesund, doppelstudium, jeden groschen selber verdienen, daneben mein meerschweinchen (aka tochter) versorgen, haushalt irgendwie schaukeln (und ich wusch die wäsche noch zu fuss, weil kein geld für waschmaschine) war sogar mir – damals 22 jahre alt – zuviel.

    dass ich trotzdem überlebte (im eigentlichen und im übertragenen sinn) halten viele leute heute noch für einen persönlichen affront.

    man darf sich nicht beirren lassen.

  3. Spontiv, früher habe ich das auch gesagt und habe mich dabei furchtbar aufgeregt. Im Laufe der Zeit habe ich erkannt, dass das vollkommen sinnlos ist und jetzt (mit der zunehmenden Demenz) ohnehin. Meist muss man als Kind auch stellvertretend für die (empfundenen) Defizite der eigenen Person oder des Partners herhalten – man ist dem oder der ja so verdammt ähnlich.
    In meinem Fall bin ich wohl so etwas wie die Stellvertreterin meiner Mutter und die empfindet sich nun mal als die Kleinste und Unwichtigste der „kleinen Leute“. Sie ist voller Ehrfurcht, eigentlich vor allen anderen Menschen, die nur irgendwie ihre Wichtigkeit zur Schau stellen und da kann die eigene Tochter selbstverständlich nicht ebenso fähig sie, wie all die anderen Anbetungswürdigen. Das würde ihr ganzes Weltbild durcheinander bringen und – und das ist noch viel schlimmer – man müsste plötzlich selbstständig Entscheidungen treffen und für deren Folgen auch noch selbst verantwortlich sein. Etwas übrigens, was sie mir nun wieder von Kindesbeinen an und bereits als Zweijährige abverlangt hat: „Du wolltest das schließlich so!“ – ein kleines Kind ist damit manchmal ein wenig übefordert – später wächst man an diesem Anspruch und auch daran ständig mit anderen verglichen zu werden.
    Ich wäre vermutlich nicht da wo ich heute bin, jedenfalls nicht mit diesen Ausgangsbedingungen, hätte ich diese ewigen Vergleiche nicht gehabt. Und dass ich dabei nicht unter die Räder gekommen bin, ist nun wiederum einem ansonsten sehr liebevollen Umgang ihrerseits mit mir geschuldet.

    Frau Kelef „man darf sich nicht beirren lassen“ das triff es zu 100 %.
    Und Du lieber Himmel – Sie haben auch schon einiges gestemmt in Ihrem Leben. Hut ab! Aber sowas von. :-)

  4. „deine Schwester hat wenigstens einen richtigen Beruf “ (Hää?)
    „der Bub!“
    „die U. kann nicht arbeiten! Die hat Familie und einen richtigen Mann und zwei Söhne!“
    „die I. hat einen Ingenieur geheiratet!“

    ich hab bloß ein Meerschweinchen :-)
    Man ist keine richtige Frau, weil der richtige Mann und Versorger fehlt, am Arbeitsplatz ist man nicht richtig weil man ja ein Kind großzieht und den anderen Eltern ist man (das Kind) suspekt, weil eine zweiköpfige Familie nicht geht.

    In diesem Spannungsfeld von überall alles richtig machen, doppelt besser, als andere, damit man selbst und schon gar nicht das Kind das Gefühl bekommt, das etwas fehlt oder nicht richtig wäre, arbeitet man sich in Richtung Herzinfarkt/börnaut/suchensiesichwasaus vor.
    Die Existenzangst ist stärker als bei anderen.

  5. Oh ja, die Nummer mit dem „richtigen Mann“, dem „Ernährer“ habe ich mir auch schon anhören dürfen. Ist aber eher selten, weil eine höhere Eskalationstufe im Gespräch ;-).
    So: „Du hättest einen richtigen Mann heiraten und Hausfrau werden sollen. Musst du halt bescheidener leben, wenn der Mann nicht so viel verdient (…wie du)!“ usw.usw.etc.pp.

    Ich denke, wir sind all denen, die uns schief ansehen ein Dorn im Auge, weil wir ihnen letzlich vor Augen führen, wie wenig sie selbst eingentlich auf die Reihe bringen (nämlich ziemich genau die Hälfte). Dabei ist mir das vollkommen wurscht. Soll jede/jeder machen, was sie/er für richtig hält – und uns dabei möglichst in Ruhe lassen, wa?

    Und mal so nebenbei: Alleinerziehende Mütter sind (fast alle und zwangsläufig) Meisterinnen im Organisieren und Strukturieren, Verantwortung übernehmen und Aushalten von Spannungen. Die müsste eigentlich jeder Chef mit Kusshand und bevorzugt einstellen, denn sie sind ein unglaublicher Gewinn für jeden Betrieb.

  6. Die alleinerziehenden Väter haben allerdings den alleinerziehenden Müttern gegenüber einen entscheidenden Vorteil – sie erregen in aller Regel in ihrer Umgebung, zumindest bei dem weiblichen Teil der solchen, Mitleid anstelle von Verachtung.

    Ansonsten stimmt das selbstverständlich und was der Buddenbohm da geschrieben hat auch. Ob das wohl für alle Eltern gleichermaßen zutrifft oder nur für die, sagen wir mal, bildungsbürgernahen?

  7. mit ersterem hast du vermutlich [leider] recht. ich wollte ja auch nur nochmal betonen, daß jeder, der irgendwelche ‚ungewöhnlichen‘, da von der masse abweichenden, handicaps zu wuppen hat, idR besser organisiert ist als ‚die masse‘; und das unabhängig vom geschlecht. das ist mit meinem halbtaub-sein auch so.

    bei deiner frage mag ich nicht zustimmen, aber ohne fundierte gegenargumente.

  8. So ganz mag ich das auch nicht an der Zugehörigkeit zu einer bestimmten „Schicht“ festmachen.
    Mir fielen nur zunächst einige Eltern ein, die im Gegensatz zu den Buddenbohms an ihren Kindern nicht sonderlich interessiert, bzw. mit ihnen überfordert sind. Aber die gibt es überall, vermutlich auch bei den Bildungsbürgern (vielleicht nur besser kaschiert? Keine Ahnung), die folglich oftmals – auch alleinerziehend – kein allzu großes Organisationstalent aufweisen.

  9. ohjabitte.
    (ich könnte mir zum geburtstag 1 gutschein zum kühlschrank-reinigen wünschen)