Am mittelfrühen Samstag Morgen tickerte Ommas Herzchen erneut arrhythmisch und viel zu schnell gegen einen massiv erhöhten peripheren Gefäßdruck an (im Klartext: RR 200/140 mmHg, Hf ~ 140/min).
Sie hatte das nur so irgendwie gefühlt und mich angerufen, ansonsten gehe es ihr aber gut und sie wolle eigentlich jetzt viel lieber spazieren gehen. Da ihr vorgeschädigtes Herz solche Schwerstarbeit aber nicht lange aushalten würde, war wieder ein Transport im Rettungswagen in die nächste, möglichst nicht hightechmäßig hochgepimpte Rettungsstelle angesagt.
(Eine solche Zitterpartie, wie damals, als ich sie mit akutem Herzinfarkt selbst im Auto und ohne jegliches notfallmedizinisches Equipment in die Klinik gekarrt habe, mache ich nicht noch einmal mit. Isch schwörre!)
Nachdem beim letzten Mal noch recht routinierte und freundliche Feuerwehrmänner den Job übernommen hatten, kamen diesmal ein Vollblut-Rettungsrambo und ein Hobbypsychologe im roten Auto angetütataat.
Als die beiden die Treppen hochgerannt kamen, war das Ommalein gerade auf dem Klo – so ein ordentlicher Hochdruck lässt, wenn er einem nicht direkt die Schädeldecke abhebt, nämlich die Nieren kräftig arbeiten.
Aber was soll so ein Rettungsrambo machen, wenn er adrenalingeschwängert die Patientenwohnung stürmt und nicht sofort auf das zu rettende Subjekt – in diesem Fall die angekündigte 83-jährige – trifft?
Richtig, er sucht sich im Rahmen einer Übersprungshandlung ein anderes Opfer einen anderen Patienten, dem er die Segnungen des modernen Rettungswesens angedeihen lassen kann. In diesem Fall war es der Huflaikhan, den ich nur noch mit erhobenen Händen: „NEIN! Ich bin nicht der Patient!“ rufen hörte.
Das enttäuschten den Rettungsrambo so sehr, dass er als nächstes die Omma, die inzwischen schon ziemlich verwirrt den Kopf zur Klotür rausstreckte, erst einmal ordentlich zusammenstauchen musste, während sein hobbypsychologischer Kollege auf die Omma einredete, sie solle nicht so hektisch sein – beides extrem sinnvoll und zielführend bei einer dementen Patientin mit Hochdruckkrise.
So sehr mir das zuwider ist, in diesem Fall musste es sein. Ein mittellautes „Nun machen sie mal nicht so einen Wind, ich bin selbst Arzt, ich habe das hier im Griff“ brachte den Rambo erstaunlich schnell zur relativen Ruhe. Nur sein hobbypsychologischer Kollege brauchte etwas länger, wiederholtes freundschaftliches Schulterklopfen und mehrere Beteuerungen, dass Nervosität schon seither Ommas zweiter Name ist, um endlich seine vorwürflichen Äußerungen in dieser Richtung einzustellen. Ihn kumpelhaft zu duzen, konnte ich mir zum Glück sparen, das wäre nämlich die nächste Eskalationsstufe gewesen.*
Dass es irgendwie ziemlich inkonsequent ist, die Patientin erst anzuschnauzen, sie solle gefälligst nicht mit einem solchen Hochdruck bis zum Klo laufen und sie nachher bis zum Rettungswagen, inklusive Treppenüberwindung allein marschieren zu lassen, haben wir lieber nicht gesagt, es wäre in diesem Moment nicht sachdienlich gewesen.
In der Rettungsstelle trafen wir dann aber zum Glück auf eine kompetente und freundliche Ärztin mit deutlich mehr Erfahrung, als es sonst in diesem Rahmen der Fall ist, sodass wir nur wenige, viele Stunden später wieder den Heimweg antreten konnten.
Jetzt muss ich nur noch die Sache mit der Demenzbegleiterin der Omma geregelt bekommen. Irgendwie scheinen wir, was Betreuungspersonen angeht immer irgendwie…also…wie soll ich sagen….
…
…habe ich eigentlich mal die Geschichte erzählt, als ich als alleinerziehende, voll berufstätige Mutter für die abendliche Betreuung meiner damals noch recht kleinen Kinder während meiner Spätdienste eine sogenannte „Leih-Oma“ zugewiesen bekam?
*(Wenn man etwas lernt, als Handtaschengeschwaderarzt im Bereitschaftsdienst, dann ist es der Umgang mit unterschiedlichsten Persönlichkeiten der rettenden Zunft: Sei es den richtigen Ton zu treffen, sei es das Beeindrucken mittels virtuoser Jonglage mit möglichst dicken Venenverweilkatheter. Bekloppt, aber so ist es.)
17 Antworten zu “Same procedure”
Oha. Ich hoffe, Omma ist inzwischen wieder wohlaufer.
Ja, bitte, erzählen Sie die andere Geschichte auch …
puh, eben noch mal gut gegangen :-)
leben isso. und wird immer schlimmer, meint man.
und: nein. ich mag das nicht hören, von der zugewiesenen (!)
leih-oma, die andeutung genügt.
Man kann ja auch rundumdieuhr-kinderbetreuungen oder kinderklappen
noch einrichten, damit die mitarbeiter zackzack bißchen was mehr schaffen.
sie lassen aber auch nix aus, frau pepa. wie geht es dem eigenen blutdruck denn so?
Danke Frau Indica! Ja der Omma geht es inzwischen wieder so wie vorher – also ordentlich demenziell verändert, aber mit langsamen Puls und moderatem Blutdruck.
Ja Marion, das habe ich auch gesagt: Puh!
(Die Omma auch, als sie wieder mit nach Hause durfte.)
Zugewiesen bekam ich die Leih-Oma damals übrigens nicht von einem Arbeitgeber oder so (ich war zu der Zeit ohnehin selbständig – also so selbständig, wie man das als niedergelassener Arzt sein kann – also ziemlich abhängig…selbständig), sondern von einer Organisation die Leih-Omas auf so halb ehrenamtlicher Basis vermittelt. Meist sind das Frauen, die (noch) keine Enkel haben, aber einfach gern mit Kindern zusammen sind und auch so etwas wie Familienanschluss ganz gut finden. Im Idealfall entwickelt sich wirklich so etwas wie ein Großmutterstatus in der jeweiligen Familie, das ist dann für beide Seiten ein großer Gewinn.
Uns wurde von der Organisation aber eine Dame zugewiesen, die weder selbst Kinder oder gar Enkel hatte, noch eigentlich mit Kindern irgendetwas anfangen konnte.
Sie war insgesamt zweimal zwei Stunden bei meinen Gören, die danach immer sagten, sie hätten die Dame versucht zu unterhalten, indem sie mir ihr (von ihnen selbst nicht so wirklich gern gespielte) Brettspiele spielten. Nach dem zweiten Einsatz rief mich die Dame, die ja eigentlich auf die beiden Kinder aufpassen sollte, aus der Psychiatrie an, in die sie inzwischen wieder (!) eingeliefert worden war.
Ein wenig hatte ich schon das Gefühl, wir sollten als unvollständige Alleinerzieher-Familie hier ein Stück weit die Therapie ersetzen. Das wäre im Grunde ja auch gar nicht schlimm, nur fand ich diese Konstruktion – vor allem, weil sie ohne mein Wissen so konstruiert wurde – schon ziemlich gewagt.
Frau Kelef, meinen Blutdruck habe ich lieber erst gar nicht gemessen (aber gedacht habe ich schon ein paarmal: Der ist sicher jetzt auch irgendwo unter der Schädeldecke angesiedelt.)
oha! das (Leihoma) ist ja schlimmer als ich befürchtete!
Gute Idee für unsere Rollator-Rocking-Omas-Zukunft, das hatte ich noch gar nicht in Betracht gezogen, wenn es uns zu langweilig wird, lassen wir uns von Leih-Enkeln bespassen! Cool‘!!!!
(spass beiseite, ich wünsche Euch wirklich was: alles Gute, viel Kraft, was Ihr so braucht, weißt schon)
p.s.
liebe johanna: <3
Hihi: Rollator-Rocking-Omas
Mit dem Namen können wir dann später auch eine Band gründen. YEAH!!! :)
Das ist ja glücklich ausgegangen. Leihomaverein! Berufsoma. Das wär doch noch ne Geschäftsidee. Oder? In verschiedenen Ausführungen: z.b. die Modelle Vorleseoma, Musikoma, Weisheitvermittlungsoma, Kochoma, Kuscheloma. Premiumoma vereint alles…
Schöne Zeiten im bunten Herbst und ein gedehntes Ommmmmmhhh.
:D Das ist eine ganz grandiose Geschäftsidee!
Die Premiumoma gibt es aber nur gegen Aufpreis. Und wenn sie auf dem Tisch steppen soll, die Oma, dann kostet das auch extra.
(Wie geht es Deinen Handgelenken???)
Klar Premiumoma ist mit Aufpreis. Liste der Extras liegt dem Angebot bei.
Das Betongefühl in den Handgelenken wird etwas schwächer. MRT bringt noch ein paar nette Details wie Rupturen am Discus und Bandkomplex, mehrfragment…
usw. … Ich werde ein wenig ningelig. Außerdem geht dieses ständige Autofahren ziemlich auf den Zeiger. Geduld ist eben gefragt. Kamera und Glas sind heute eingeschickt, da auch verletzt. Das ganze Programm also. Sohnhochzeit in zwei Wochen. Bin als Fotograf gebucht. Das wird. Das muss…
Ach herrje! Und dann auch noch in zwei Wochen so richtig Shooten, was das Zeug hält?
Ich drücke Dir alle Daumen, dass das bis dahin wieder wird!!!
(Wenn’s schneller ginge, wäre es selbstverständlich noch besser.)
Ich danke Dir. Shooten, was der Sohn zulässt ;). Ein zauberhaftes Herbstwochenende Euch allen.
Oh ja, danke! :)
Wir waren in Wind und Sonne auf weiten Feldern unterwegs und habe reiche Holunder-Apfel-Birne-Beute gemacht.
(Der Dampfentsafter ist zu Höchstform aufgelaufen ;) )
Ich steh mit erhobenen Händen am Quittenkorb…
Aber die können ja ich noch etwas warten
Quitten müssen ohnehin überhaupt erstmal das Haus beduften, bevor sie verarbeitet werden. :)
Habe vorhin auf obigen Feldern wieder einmal nicht an mich halten können und anstelle von nur ein paar Birnen und Äpfeln und ein ganz klein wenig Holunder…
….wieder mehrere Kilo Fallobst in die heimische Höhle geschleppt. Es muss die alte Jägerin und Sammlerin in mir sein, die ihre Sippe durch den Winter bringen muss, die mich immer wieder dazu anstiftet…;)
Die erste Portion Birnhälften (geschmorte Birnen mit Milch-Zimt-Sauce – nach einem Rezept meiner Oma, an das sich meine demente Mutter nach Jahres des Vergessenhabens – sie hat das Rezept immer aus Dosenbirnen und Dosenmilch nachgestellt – heute wieder erinnert hat)….
…also die erste Portion Birnhälften….
…ist – MOMENT MAL!
…..irgendwie schon wieder fast AUFGEGESSEN!!!
Naja egal, jedenfalls dampft auch schon der Dampfentsafter vor sich hin. :)
Entsaften, Obst einwecken und Marmeladekochen sind nicht zuletzt gut für den Blutdruck (siehe oben). In unserer Küche waren es zuletzt Pflaumen und Pfirsiche, im Sommer die Beerensorten und die Sauerkirschen. Auf die Quitten warte ich noch ein wenig, dann gibt es wieder Quittenkonfitüre mit Pepperoni.
Was dem Entsaften, Obst einwecken und Marmeladekochen gemeinsam ist: Man vergisst mal für einige Zeit die Gedanken aus dem Alltag, man hantiert selbstvergessen mechanisch mit aromatischen Früchten, die ganze Küche duftet, das Regal mit den Weckgläsern füllt sich wieder. Der Erfolg ist unmittelbar: Die Gelierproben und Reste [die nicht in die Gläser passten] stehen am nächsten Morgen auf dem Frühstückstisch.
Ja, genau so ist es Stefanolix!
Es hat etwas Meditatives und direkte Resultate und der olfaktorische Faktor findet den direkten Weg ins Limbische System.
Ruhe, Gelassenheit, Geborgenheit, FUTTER und die Begeisterung der Familie ist einem sicher. Besser geht es kaum. :)
Das habt Ihr wunderbar beschrieben!