!


In den letzten Jahrzehnten hat ja eigentlich alles ein verhältnismäßig problematisches Gepräge angenommen, was die Menschheit bis dahin einfach so betrieben hat. Die Aufzucht von Kindern etwa. Oder die menschliche Ernährung. Oder, in ganz besonderen Fällen, beides.

Und dann parken sie jeden Morgen ihre scheiß riesigen Familienkutschen in der zweiten Reihe vor der Schuleinfahrt und versperren den berufstätigen Rabenmüttern, die nicht wenigstens die Zeit aufbringen, sich mit ihnen über die wirklich wichtigen Dinge im Leben (siehe hierzu auch den Kommentar des hoch geschätzten Kollegen Docbuelle ganz am Ende) auszutauschen, sondern die Dreistigkeit besitzen möglichst schnell ihren Arbeitsplatz erreichen zu wollen (weil die da eigentlich jedem Morgen zu spät aufschlagen) die Straße.

Danke Frau Modeste!
Sie sprechen mir aus der Seele.


16 Antworten zu “!”

  1. Und dann wiederum überlege ich eine Ecke weiter: Wo liegt der Knick in der Erziehung, die diesen verhaltensgestörten heutigen Eltern zukam? (Ernsthaft und unprovopaktiv.) Ist das möglicherweiseeventuellvielleicht das Trauma der Nachkriegskindheit von deren Eltern, das eine Generation weiter zuschlägt? Als kompletter Psychologielaie kann ich da nur im Nebel stochern, aber diese Frage beschäftigt mich durchaus.

  2. Kaltmamsell, die Knicke sind einfach zu orten. Erster Knick: die 68er. Zweiter Knick: der Mauerfall. Wie bei solchen Ereignissen üblich ist das Pendel jeweils zu weit ausgeschlagen.

    Übrigens macht es vor der lokalen Schule keinen Unterschied ob berufslose Frau oder Rabenmutter. Beide Gruppen glauben, dass die 30 km/h Geschwindigkeitsbegrenzung nur für andere gilt. Wenn die eigenen Blagen im Auto sitzen oder gerade vor dem Eingang abgeliefert wurden, sind sie in Sicherheit und man kann draufhalten, erwischt ja nur die Blagen anderer Eltern. Besonders tun sich dabei SUV- (vulgo Arschlockkarre-) Fahrerinnen hervor. Die Herren der Schöpfung fahren hingegen im Normalfall zivilisiert.

    Übrigens hätten unsere Eltern uns ausgelacht, hätten wir mit dem Auto zu Schule gebracht werden wollen. Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Bus und Bahn waren die einzigen Alternativen.

  3. Diese Frage treibt mich auch um. Und was ich hier aufgeschrieben habe, ist nur meine ganz direkte, kleinlich-emotionale, aus der jeweiligen Situation entspringende Reaktion.

    Meist sind diese verhaltensgestörten Eltern ja gar nicht mehr die Nachkommen von Nachkriegs-, sondern bereits von Wirtschaftswundereltern. Wenn ich hier meine Umgebung beobachte (wir siedeln ja südwestlich Berlins, also genau in dem von Frau Modeste beschriebenen Umfeld – zumindest meine Tochter geht auf eine Schule, an der man entsprechende Sozialbeobachtungen machen kann), dann ist ein solches – primär mütterliches – Verhalten vielleicht eher den Anforderungen geschuldet, denen Frauen heute so ausgesetzt sind. Das Bild der im Beruf erfolgreichen Vielkinder-Mutter wird in den Medien ja immer wieder auf Hochglanz gezeichnet.
    Ganz viele Frauen in meinem Umfeld stellen sich als „erfolgreiche berufstätige Mütter“ dar – auf nähere Nachfrage bekommt man dann heraus, das sie „Teilzeit“ arbeiten, womit in vielen Fällen eine Wochenarbeitszeit von sagen wir mal zweimal 4 Stunden gemeint ist (gern auch irgendwie künstlerisch oder so).
    Die Art, wie sich da dargestellt wird, lässt auf ein eher wackeliges Selbstbild und ein gestörtes Selbstbewußtsein schließen und ist extrem nervig, wenn man auf der gleichen Ebene agieren muss.
    Zum einen, weil diese Übermütter dazu neigen, bei jeder Aktivität (in meinem Fall ist das die Fotografie, mit der ich einen Fachbereich unterstütze), die man trotz knapper zeitlicher Ressourcen für die Schule des Kindes einbringt rein zu quatschen – man wildert ja in ihrem Revier – zum anderen weil vorausgesetzt wird, dass man als berufstätige Mutter für jeden Kuchenbackscheiß Zeit hat – und die hat man als Vollzeitberufstätige nun mal nicht.

    Zurück zu den wirklichen, das Kind massiv schädigenden Auffälligkeiten: Hat eine Frau die Möglichkeit auf dieses Berufstätigkeitsdarstellung nicht und kommen vielleicht noch andere Besonderheiten der Persönlichkeit hinzu, werden Kinder zur Welt gebracht, was das Zeug hält und die dann eben als Verwirklichungsersatz herhalten müssen.

    Den wirklichen Hammer an der ganzen Geschichte finde ich allerdings das offenbar duldende Verhalten des Vaters, das man auch in der Realität häufig beobachten kann. Aber auch hier sollte man wohl über persönliche Verstrickungen nicht urteilen.

    Wir leben derzeit alle unter einem sehr hohen Selbstverwirklichungsdruck. Die Regeln, die gesellschaftlich vorgegeben werden (Mittagessen um zwölf, Heiraten und Häuschen bauenm etc.) sind nur noch schemenhaft vorhanden. Ideal ist der strahlende, sich inmitten scheinbar unendlicher Möglichkeiten verwirklichende Mensch. So etwas gelingt ja nur sehr wenigen, denn es setzt nicht nur eine große Lebensenergie, sondern auch ein elastisches Reflektionsvermögen voraus.

    Wichtig bleibt letztlich nur eines: Die Kinder da raus zu holen und wenn das nicht geht, ihnen wenigstens stützend zur Seite zu stehen.

  4. Hallo Erwin, unsere Kommentare haben sich überschnitten.
    SUV – ganz genau die!
    Und die in zweiter Reihe zugeparkten Straßen erlebe ich auf meinem Arbeitsweg – vor zwei Schulen, auf die meine Kinder NICHT gehen. Und auch das beschriebene Fahrverhalten kann ich 100% bestätigen.
    Und was das Fahrverhalten vieler Luxus-Mütter angeht – wir haben es hier mit einer Verheiligung der Mutterschaft zu tun und Heilige dürfen alles. ALLES.

  5. Und noch etwas – ich würde mir wünschen, Mütter im Speziellen und Menschen im Allgemeinen könnten zu ihrem jeweiligen Leben, eben zu sich selbst, ohne Selbstdarstellung stehen. Egal wie das nun aussieht, egal ob berufstätig oder nicht. Viele Probleme würden erst gar nicht entstehen.

  6. Hm, bedenkswerte Erklärungansätze. Die unendlichen Möglichkeiten kombiniert mit ungeheurem Leistungsdruck könnten ein Nährboden sein (wissen die denn nicht: Eine Frau darf keine Kinder haben UND keine Karriere machen!). Die absoluten Werte unserer verblassenden Religionen (u.a. du bist so lange ein schlechter Mensch bis du das Gegenteil bewiesen hast) sind möglicherweise lebendiger als ich dachte. Und verhindern, dass die Leute ohne Rechtfertigung einfach herumexistieren.

  7. Danke Frau Kaltmamsell!
    Du hast ganz wunderbar zusammengefasst, was ich da oben etwas wirr durcheinander gestammelt habe.
    Die absoluten Werte unserer verblassenenden Religion scheinen gerade in dem beschriebenen Beispiel ja eine Art Schlüsselrolle zu spielen – und das auch noch in Form protestantischer Lustfeindlichkeit (den Katholiken in meiner Umgebung oftmals Anlass verschärften Spottes – triff bei mir ja zum Glück etwas daneben, denn ich bin nur marginal protestantisch sozialisiert.)
    Und das ohne Rechtfertigung einfach Herumexistieren – dafür bedarf es einer gereiften Persönlichkeit. Schwierig in Zeiten der prolongierten Kindheit.

  8. Die Kinderaufzucht treibt allerorten seltsame Blüten.
    Wohl mit Unterschieden bei arbeitslos oder berufsfrei, bzw. erwerbstätigkeitsblockierten Müttern(Über Väter wird zu wenig gesprochen).
    Absurdistan ist überall dort, wo die Abwesenheit von Instinkt, Intuition und einer natürlichen, wahren Freude am heranwachsenden Nachwuchs den Familienalltag veräzt.
    Absurdistans Grenzen weiten sich aus. Weil einem an jeder Ecke geholfen wird. Auf jeden Fall immer Rat vom Fachmann einholen! Bei verklemmden Winden, zu großen Pickeln, schlechten Ausdrücken, zu vielen Widerworten oder gar Missetaten, zu großem Appetit oder zu häufigem Onanieren.
    Es könnte sonst zum Äußersten kommen.
    Daher gibt es für alles ein Zentrum: Auch für gekochte Frösche, wehe Rücken, zu viel Zucker, zu viel oder zu wenig Verstand, zu viel Gewicht, entzündete Vorhäute usw.
    (Mittelstands)elternschwäche macht
    (Mittelstands)zöglingssyndrom.

  9. Ideal ist der strahlende, sich inmitten scheinbar unendlicher Möglichkeiten verwirklichende Mensch. So etwas gelingt ja nur sehr wenigen, denn es setzt nicht nur eine große Lebensenergie, sondern auch ein elastisches Reflexionsvermögen voraus.

    das finde ich [neben vielem anderen, auch in den kommentaren!] sehr schön gesagt.

  10. Absurdistan ist überall dort, wo die Abwesenheit von Instinkt, Intuition und einer natürlichen, wahren Freude am heranwachsenden Nachwuchs den Familienalltag veräzt.

    Ja, genau! Überall dort, wo das Vertrauen – in sich selbst und in die eigene Brut – abhanden gekommen ist. Die Angst regiert in Absurdistan.

    Frau Rebhuhn, danke…:-)

  11. und Unsicherheit.
    Ja das ´ elastische Reflexionsvermögen`ist sehr schön gesagt.

  12. Kaltmamsell, mit eben jener Frage, wo der Knick herkommt, beschäftigen sich Forscher und Autoren, Stichwort „Kriegskinder“ und „Kinder der Kriegskinder“:

    „Inzwischen haben die Kriegskinder ihr unverarbeitetes Trauma an die eigenen Kinder weitergegeben. Die Kriegsenkel, wie Michael Ermann sie nennt, haben die Ängste ihrer Eltern sozusagen geerbt, leiden unter den Verlust- und Mangelerfahrungen, ohne den Krieg selbst erlebt zu haben. Sind etwa die Eltern als Kinder aus der Heimat vertrieben worden, fühlt sich zum Beispiel auch noch die Enkelgeneration heimatlos und entwurzelt.

    Der Begriff Vererben kann durchaus auch wörtlich genommen werden. Zuletzt sind Genforscher zunehmend auf Hinweise gestoßen, dass traumatische Erlebnisse auch das Erbgut dauerhaft verändern können.

    Den Enkeln wird heute erst langsam klar, welche Auswirkungen die ihnen oft unbekannte Kriegskindheit ihrer Eltern auf ihr Leben hat. Bei Michael Ermann häufen sich die Anfragen der Kriegskindeskinder. Die Kriegsenkelin Anne-Ev Ustorf hat in ihrem Buch „Wir Kinder der Kriegskinder: Die Generation im Schatten des Zweiten Weltkriegs“ zahlreiche Schicksale zusammengetragen.“

    mehr:

    http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,610297,00.html

  13. Jetzt ist der Kommentar ganz weg. Was habe ich da nur gemacht?

    Also noch mal schnell, in Richtung Kaltmamsell, zum „Knick“, der unter anderem so, als sich fortsetzende Kriegsfolge, diskutiert wird:

    „Inzwischen haben die Kriegskinder ihr unverarbeitetes Trauma an die eigenen Kinder weitergegeben. Die Kriegsenkel, wie Michael Ermann sie nennt, haben die Ängste ihrer Eltern sozusagen geerbt, leiden unter den Verlust- und Mangelerfahrungen, ohne den Krieg selbst erlebt zu haben. Sind etwa die Eltern als Kinder aus der Heimat vertrieben worden, fühlt sich zum Beispiel auch noch die Enkelgeneration heimatlos und entwurzelt.

    Der Begriff Vererben kann durchaus auch wörtlich genommen werden. Zuletzt sind Genforscher zunehmend auf Hinweise gestoßen, dass traumatische Erlebnisse auch das Erbgut dauerhaft verändern können.

    Den Enkeln wird heute erst langsam klar, welche Auswirkungen die ihnen oft unbekannte Kriegskindheit ihrer Eltern auf ihr Leben hat. Bei Michael Ermann häufen sich die Anfragen der Kriegskindeskinder. Die Kriegsenkelin Anne-Ev Ustorf hat in ihrem Buch „Wir Kinder der Kriegskinder: Die Generation im Schatten des Zweiten Weltkriegs“ zahlreiche Schicksale zusammengetragen.“

    mehr:

    http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,610297,00.html

  14. Hm, nu isser wieder da. Waren plötzlich in der Moderation Deine beiden Kommentare.
    Ja, die Erlebnisse brechen im Alter nicht nur wieder auf, sie werden auch – nicht immer bewußt – weitergegeben.
    Als Kriegskinderkind kann auch ich aus alten, abgetragenen Klamotten z.B. Kinderkleidung nähen – aber das ist wohl eher die positive Seite. Negativ sind ganz sicher eine ganze Reihe von Ängsten, die in der Kindergeneration weiterleben und die durch die derzeit angespannte gesellschaftliche Situation an die Oberfläche gespült werden.

    Diese ganze Generation unserer Eltern – viele hätten da einer zügigen Traumatherapie bedurft.