Übersprung


Zwei bis drei Patienten werden kurz hintereinander reanimationspflichtig, der Monitor fällt aus, das Sauerstoffgerät tut seinen letzten Schnaufer und man bekommt den scheiß Tubus nicht durch die Stimmritze. Dann tritt noch einer in den Eimer mit dem ausgepumpten Mageninhalt und dann passiert es: Einer fängt an zu kichern, alle stimmen mit ein, das Ganze crescendiert und endet in einem wilden Gegröhle von Lachanfall, der nahezu handlungsunfähig macht. Dieser Art des Übersprungs habe ich mehr als einmal erlebt, auf Intensivstationen, in der Rettungsstelle.

Vorgestern den Sohn nach Schulunfall zum D-Arzt gekarrt, gestern vom Kardiologen der Mutter erfahren, dass es eine der Schrittmacherelektrode nicht mehr tut, heute die Mutter aus ihrer Demenz überlagerten Panik geholt, morgen sie in die Klinik fahren müssen, damit die Elektrode ausgetauscht werden kann, am Wochenende (so es Mutter einigermaßen gut geht) zwei Ganztagsfototermine, auf die ich mich sehr freue, die aber sicher enorm anstrengend werden, wenn sie überhaupt stattfinden (s.o.).

Heute mittag, während der Arbeit, die momentan auch alles andere als stressfrei ist, kam dieses Glucksen in mir hoch und ich weiß genau, dass ich nicht vor lauter übersprudelnder Heiterkeit gekichert habe.


9 Antworten zu “Übersprung”

  1. Oh, oh, das hört sich alles ja gar nicht so gut an! Ich wünsche für Sohn und Mutter Gesundheit und dir viel Kraft! Dir drück ich fest die Daumen, dass alles gut geht und dass du bald entspannt lachen kannst.

  2. Ich habe gerade eine Menge Sorgen und die Nacht wird schlafarm werden, also kann ich Dir wenigstens mit die Daumen drücken. Euer Fotokalender zeigt im Oktober gerade einen Weg und da wird es in Laufrichtung auch wieder heller ;-)

  3. Über den Ausfall von Technik im menschlichen Körper so relativ kurz nach dem Einsetzen … dazu sage ich erst einmal nichts, ne.

    Aber Süße, solange noch Lachen geht – und diese Anfälle nicht Weinkrämpfe enden, besteht Hoffnung! Piep durch, wenn Du Hilfe brauchst! Und für die Mum drücke ich alle erdenklichen Daumen, Zehen und Pfoten!

  4. Danke Euch ganz dolle!
    Naja, die Technik, es war ja die eine Schrittmacherelektrode und die kann schon mal eine blöde Narbenbildung im Myokard auslösen, so dass der Impuls nicht mehr durch kommt.

    Stefanolix, dann drücke ich Dir auch mal die Daumen, dass die Nächte bald nicht mehr schlafarm sein mögen!

    Creezy, danke für das Angebot! Ich habe heute ein paar mal gedacht: „Und wenn alle Stricke reißen, dann kann ich immer noch Creezy anrufen“ – das tat sehr gut!
    Muttern hat den Eingriff bis jetzt gut überstanden, sie hat mich direkt danach angerufen und war ganz begeistert, wie lustig dort alle waren. Sie hätten zusammen Musik gehört und derweil habe der Kardiologe die Elektrode reingefriemelt.
    Der kardiologische Kollege (der den Beinamen „der Elektriker“ hat, wie ich hörte) ist aber auch sehr sehr gut. Er hat ihr damals schon den Stent gesetzt und dabei mir ihr über Opern gefachsimpelt, er hat auch den Schrittmacher implantiert und betreut sie weiter und wir vertrauen ihm blind (und er hat mich am Mittwoch direkt zurück gerufen, nachdem die Diagnose stand – das ist durchaus nicht die Regel) . Das ist immer schon die halbe Miete.
    Weitaus bedenklicher ist im Moment der mentale Abbau. Hätte ich sie heute morgen nicht in die Klinik gefahren und die Anmeldeformalitäten erledigt, würde sie vermutlich noch jetzt über das Klinikgelände irren. Wenn die Aufregung dazu kommt, setzt fast alles aus – auch wenn sie im „normalen“ geregelten Alltag noch gut zurecht kommt.
    Habe heute schon einige Leute hier in der Umgebung abtelefoniert, ob sie nicht wissen, wo es hier in unserer Nähe eine kleine altersgerechte Wohnung gibt. Wenn man immer mal zeitnah (und mit Hund – den liebt sie ja auch sehr!) vorbeischauen kann, kann man sicher noch vieles auffangen. So geht es jedenfalls nicht mehr lange weiter.

  5. Ja, kannst wirklich anrufen. Auch wenn Du tagsüber mal jemanden für Muttern brauchst. Zum mentalen Abbau, kann das nicht auch an den Medikamenten liegen? Man unterstellt älteren Menschen ja gerne, es läge bei ihnen am Alter. Und unter der Hand vermutet man starkt, es sind es dann doch Wechselwirkungen … ;-(

    Alles Liebe! Viel Kraft!

  6. Du lieber Himmel, was ist zur Zeit nur überall los? Es ist wohl der ganz normale Wahnsinn, das „irgendwas ist ja immer“ des Lebens. Bei mir kracht’s gerade auch an allen Ecken und Enden, und im näheren Umfeld ebenso. Da kann ich nur sagen: Du bist nicht allein. Und auch wenn’s seltsam klingt: es hilft irgendwie zu wissen, daß andere liebe Menschen auch kämpfen. Und durchhalten. Darauf kommt es wohl an.

    Viel Kraft!

  7. Falls das nicht schon wieder zu weit weg ist: in der Steglitzer Paulsenstraße gibt es mehrere Altersheime, die offensichtlich auch eigenes Wohnen anbieten.

  8. Danke Creezy! Danke Karan!
    So viele Medikamente nimmt meine Mutter zum Glück nicht – wir haben schon alles abgesetzt, was sich irgendwie absetzen ließ.
    Erwin, in unserem Fall liegt es wohl eher nicht an Weihnachten (Weihnachten? Wann war das nochmal? …;-))

    Julia, Steglitz ist eigentlich wirklich schon zu weit weg. Ich schau mich gerade hier in der Gegend nach einer altersgerechten Wohnung um. Am besten wäre es, wenn sie ganz in der Nähe einen kleinen Laden hätte, wo sich Muttern noch ein wenig selbst versorgen kann. Ist dem Menschen nämlich erst diese Selbstständigkeit genommen, geht es meist rapide bergab.