Hardcorehausarbeiting


Gerade eben bis um 22:30 das Tochterkind durch die Hausaufgaben begleitet, das sich Photovoltaik und Halbleitertechnik im Selbststudium für ein zu haltendes Referat innerhalb zweier Tage aneignen musste.

Also mal ganz ehrlich – solche Nummern wurden bei uns damals nicht abgezogen.
(Das letzte Referat dieser Selbstlernart musste sie über Nanotechnologie halten, während ihre Mitschüler Referate über „Die Kanüle“ auszuarbeiten hatten. Gerecht ist irgendwie auch was anderes.)


17 Antworten zu “Hardcorehausarbeiting”

  1. Die Kanüle?
    Was ist das denn für ein Fach.
    Natürlich gibt es günstigere und weniger günstige Referatsthemen.
    Entweder suchen sich die Schüler die Themen selbst aus, dann interessieren sie sich auch dafür, oder sie werden gelost, dann nimmt man eben , was man zieht.
    Einfach jemandem ein Thema überzustülpen per Beschluss, ist nicht so nett.

  2. Das Fach nennt sich „Natur und Technik“.
    „Die Kanüle“ kam irgendwie im Zusammenhang mit „Krankheiten“ vor und Tochterkind hat sich amüsiert wie Bolle, dass die referierenden Kids nicht mal wussten, dass es verschieden dicke und verschieden lange Kanülen gibt (die verschiedenen Anschliffe etc. wollte sie erst gar nicht erwähnen, aber das ist nun wirklich Spezialwissen für Medizinerkinder… ;-) )
    Tochterkind hat übrigens eine „zwei“ für das Referat bekommen (bessere Noten vergibt der Lehrkörper in diesem Fach nicht) und hat sich darüber auch gefreut. Die beiden Mitschülerinnen, die nicht ein Fingerchen krumm gemacht haben und lediglich Teile des Referats abgelesen haben, das Tochterkind gestern abend ausgearbeitet hat, sollten eine „drei“ bekommen. Die Damen waren damit nicht zufrieden und haben sich beim Lehrer (der sehr wohl etwas mitbekommen hat) beschwert, sie wollten auch eine zwei und so. Und als Beweis haben sie Tochterkind die Unterlagen in der Pause geklaut, sind damit zum Lehrer marschiert und haben verkündet, die Notizen hätten sie ausgearbeitet.
    Tochterkind weiß jetzt nicht so recht, wie sie reagieren soll. Einerseits will sie nicht petzen, andererseits (und so sehe ich das auch) ist das schon eine ziemliche Unverfrorenheit.
    Aber so wird man vermutlich auch schon früh an das „richtige Leben“ gewöhnt. (Mannmannmann, ich kann mich nicht erinnern, dass es so etwas bei uns damals gab. Ich habe zwar auch immer jeden der wollte abschreiben lassen, aber solche Tüppen jabbet bei uns nich! Aber vielleicht ist das auch nur ein spezielles Bonzen-Gymnasium-Phänomen – bei Sohnkind auf der Gesamtschule sind die Mitschüler irgendwie fairer.)

  3. So unangenehm es ist als Petze dazustehen…. ich würde keine Lust haben, die Noten der Mitschülerinnen zu sponsern, wenn die sich vorher so wenig bemüht haben, einen Beitrag zu leisten…

  4. Ja, ehrlich gesagt, mein Bauchgefühl geht auch sehr stark in diese Richtung, denn die beiden Mitschülerinnen haben sich nicht nur nicht bemüht (aber so ganz und gar nicht!), sie haben meiner Tochter, die in der letzten Woche wegen eines Kieferorthopädentermins (die Zahnspange ist endlich runter – juhuuuu! ;-) ) in der Stunde, in der die Referate verteilt wurden gefehlt hat auch noch erzählt, das Referat würde erst in der nächsten Wochen gehalten. Da das dem Tochterkind komisch vorkam, hat sie den Lehrer nochmal selbst angesprochen und siehe da…
    Also fieser geht es kaum.
    Auf dieser Schule gibt es einige solcher Exemplare und ich frage mich immer, ob die extra zu solchem Verhalte erzogen wurden (ich fürchte ja, es ist so).

  5. Als petze dazu zu stehen ist einfach ganz schlecht, egal ob doe Moral auf der eigenen Seite steht! Auch wenn ich vom Bauchgefühl denke „solche Idioten sollten nicht unterstützt werden und dagegen muss man sich wehren!“ – deine Tochter muss noch einpaar Jahre auf dieser Schule mit diesen und ähnlichen Mitschülern verbringen, da muss man auch irgendwie (obwohl ich das total blöd finde) „für sich klug“ vorgehen.
    Alles gar nicht so einfach!
    Trotzdem – Lehrer sollten das wahrnehmen und entsprechend reagieren (und sich vielleicht auch mal unbeliebt machen bei den „Schmarotzern“).
    Ich bin sicher deine Tochter ist so klug, dass sie überlegt an die Sache rangeht und du bist das sowieso :-))).
    Ich wünsch euch beiden die nötige Gelassenheit aber auch die notwendige „Rückschlagkraft“.

  6. Um nicht als hinterhältige Petze da zu stehen (schreibt man das jetzt so???) hätte sie gleich und auf der Stelle lospoltern müssen. Mit Wucht und Dröhnstimme* – das hat sie sich aber verkniffen, weil sie Angst hatte, dass dann die ganze Gruppe als nicht teamfähig eingestuft würde (was sie ja in der Tat ist und was man bei einer solchen Zwangsgemeinschaft ja auch nicht unbedingt derjenigen anlasten sollte, die sich in letzter Minute noch redlich bemüht hat, allerdings wird im Schulalltag eine solche Art durchdachter Gerechtigkeit ja auch nicht immer gelebt).
    Grundsätzlich ist es wohl gescheiter, das mit diesen schmarotzenden Doof-Dämchen selbst zu klären. Gern auch mit meiner virtuellen Hilfe („meine Mutter hat gesagt, sie geht zur Schulleitung, wenn…“)

    *das ist dann auch wie im richtigen Leben: Wer am lautesten rumdröhnt und am penetrantesten behauptet, so wie er das sagt, so sei das auch und nicht anders, dem wird auch auf „höchstem Niveau“ geglaubt – so erlebt erst in den letzten Tagen…

    …allerdings ist es von Vorteil, in solchen Fällen einen grauen Anzug zu tragen und ein Mann zu sein. Öhm ja. ;-)

  7. Aber vielleicht ist das auch nur ein spezielles Bonzen-Gymnasium-Phänomen – bei Sohnkind auf der Gesamtschule sind die Mitschüler irgendwie fairer.

    Fürchte ich alerdings auch *smile* War bei uns auf der Schule leider nicht anders…

    In der Tat ist es ganz schön unfair, was sich so an Deutschlands Schulen abspielt. Ein guter Lehrkörper (in diesem Fall vermutlich eher Leerkörper) sollte sowas auch bemerken und dem entgegensteuern…
    In einem Punkt würd ich dir allerdings widersprechen – klar kann und soll sie sich wehren, aber ich denke nicht dass ein „meine Mutter hat gesagt, sie geht zur Schulleitung, wenn…“ etwas bringt. Am ehesten noch mehr Ärger mit den Mitschülern weil sie gleich zur Mutter läuft…

    Auf jeden Fall kannst du stolz auf dein Tochterkind sein, dass sie sich durch so ein kompliziertes Thema durchgearbeitet hat – ich glaub da hat sie hinterher mehr von im Leben als mit in 2 min gemachten Referaten über „die Kanüle“. ;)

  8. Ja klar, ich bin mächtig stolz! :-)
    Vor allem, weil sie sich nicht hat entmutigen lassen.
    Man könnte den Eindruck habe, dass der Lehrer gerade ihr diese Themen überhilft, weil er sehen möchte, wie weit er hier fordern kann. So nach dem Motto, wer die Kanüle als Thema bekommt, bei dem ist ohnehin Hopfen und Malz verloren (das wäre die positive Interpretation ;-) ).
    Zu ihren Müttern/Eltern rennen in dieser Schule eigentlich alle und ich bin eine derjenigen, die sich meist dezent im Hintergrund halten und eben nicht gleich zur Schulleitung rennen. (Eine aktive Elternschaft ist etwas Tolles und es ist auch schon viel erreicht worden an dieser Schule, allerdings sind auch da die Grenzen zur nervenden Kontraproduktivität fließend.)

    Ein schönes Wochenende wünsche ich Dir! :-)

  9. Nur so als Zwischenlösung:
    Man kann auch direkt mit dem Lehrer sprechen, bevor man die Schulleitung involviert. Das Zeil einer Schulleitung ist oft nur, Ruhe im Karton zu halten. Der Lehrer übersieht machmal was, beim dem Stress verständlich, und braucht auch diese Rückmeldung.
    Es ist meist übertrieben, direkt von der Schülereinwände zur Leitung zu gehen. Dann ist nämlich der Lehrer auch sauer.
    Wenn ich zur Leitung zitiert würde wegen einer Referatsnote, denke ich doch, das hätte mir die Mutter auch direkt sagen können.

  10. Ich will doch gar nicht zur Schulleitung gehen! Um Himmels Willen, nee!
    Auch zum Lehrer werde ich nicht gehen – es sei denn, er setzt die Note von Tochterkind aufgrund solidarischer Erwägung herab, dann vielleicht, aber ich denke, das könnte sie primär dann auch selbst erst einmal versuchen zu lösen.
    Wir spielen hier in der Familie nur gerade mit Erfolg „guter Cop, böser Cop“, zum Beispiel in der Kommunikation mit Handwerkern „Wenn sie morgen auch wieder nicht kommen, dann ruft meine Frau sie an und das würde ich ihnen nicht raten.“
    In diesem Sinne war die „Drohung“ mit der Schulleitung gemeint, nicht als reale Alternative. ;-)

  11. Einige ungeordnete Gedanken zu dem Erlebnis. Ich war damals in der Schule so ein Schüler, von denen alle gern abschreiben wollten.

    Ich hätte aus einem solchen Erlebnis als Schüler zuerst mal die Konsequenz gezogen, meine Unterlagen nicht mehr so frei liegen zu lassen ;-)

    Ich würde nicht zum Lehrer gehen, weil sich ein solches Verhalten fast immer selbst rächt: irgendwann stehen diese jungen Damen ziemlich blöd da, wenn sie mal Wissen nachweisen müssen. Und es gibt ja wahrscheinlich keine wirkliche Konkurrenz um Noten: solche unfairen Tussies studieren später meist BWL …

    Es wird in Schulen immer wieder vorkommen, dass andere mit dem Minimalprinzip zu einer guten Note kommen. Ich habe das auch nicht verstanden. Andererseits hat das Maximalprinzip auch nur zu einer Zwei geführt … also würde ich das Maximalprinzip auch nur einsetzen, wenn mich ein Thema wirklich sehr interessiert.

  12. Der Lehrer muss es doch aber an der Schrift und an der Struktur der Unterlagen sehen, dass da etwas nicht stimmt. Das ist doch so hanebüchen! Da steht doch die Leistung beim Vortragen in keinem Verhältnis zu den Unterlagen.

    Und als Beweis haben sie Tochterkind die Unterlagen in der Pause geklaut, sind damit zum Lehrer marschiert und haben verkündet, die Notizen hätten sie ausgearbeitet.

    Ich habe lange gegrübelt: Was bringen Unterlagen über Fotovoltaik im Zusammenhang mit einem Referat über Kanülen? Gibt es schon Kanülen mit Fotozellen? Aber dann wurde mir klar: diesmal sollten alle Schüler etwas über Fotovoltaik ausarbeiten ;-)

  13. Die jungen Damen standen ja schon nach dem Referat dumm da, als sie nämlich keine der (vertiefenden) Fragen des Lehrer beantworten konnten – Tochterkind konnte das (klar, sie hat ja auch nicht abgelesen und auch nicht auswendig gelernt, sondern versucht zu verstehen) und ich finde, mit einer „drei“ sind sie mehr als nur gut dabei weggekommen.
    Allerdings sind sie schlau genug, den Widerspruch mit der Schrift in den Unterlagen mit gleich mit einzuplanen – sollten Fragen in dieser Richtung kommen, wollen sie dem Lehrer sagen, dass, als sie sich zur Ausarbeitung des Referats getroffen hätten (was eine weitere glatte Lüge ist, denn getroffen haben sie sich nie) Tochterkind all das, was sie ausgearbeitet haben nochmal abgeschrieben hätte.

    Wirklich traurig ist aber, dass nicht nur in der Schule, sondern auch im späteren Arbeitsleben an vielen Stellen genau diese Art von Dreistigkeit gefragt und honoriert ist. Ich denke auch, die Damen studieren BWL und/oder werden unsere neue Generation von Bänkern.
    Manchmal habe ich ganz stark das Gefühl, dass man dem nur noch entkommt, indem man sich zusammen mit anderen ehrlichen Häuten eine Art Parallelwelt aufbaut.

  14. „…indem man sich zusammen mit anderen ehrlichen Häuten eine Art Parallelwelt aufbaut“

    Ich komm mit *anmeld*

  15. Vielleicht bewegt sich die erste Welt ja irgendwann in die Parallelwelt?
    Man sollte die Hoffnung nie aufgeben.
    Und (habe gerade „uns“ geschrieben – mehrfach ;-) ) sich nicht verbiegen lassen.