Die Pole, zwischen denen wir uns in der heutigen Medizin bewegen, driften immer weiter auseinander. So wird hierzulande die medizinische Grundversorgung gerade in vielen Gebieten des Landes immer lückenhafter und damit schlechter, die High-Tech-Medizin hingegen erzielt immer erstaunlichere Erfolge, teils mit fraglichem oder zumindest streng zu hinterfragenden Aussichten.
Zwei Artikel der gleiche Ausgabe des Deutschen Ärzteblatts, die – im Newsletter direkt hintereinander publiziert – dieses Spannungsfeld – gewollt, oder auch nicht – sehr schön verdeutlichen:
Auf der einen Seite die beeindruckenden, ja fast schon beängstigenden, zumindest sehr nachdenklich stimmenden Möglichkeiten der Präimplantationsdiagnostik, auf der anderen Seite ein „neues“ Verfahren im Neugeborenen-Screening, bei dem man sich aufgrund der Einfachheit an die Birne packt und sich fragt, warum zum Teufel das eigentlich noch nicht zum Standard gehört.
14 Antworten zu “Spannungsfeld”
Gerade das Neugeborenen-Screening erscheint mir, als personifizierte Laie, derart trivial, dass man sich wirklich fragt, warum es nicht schon seit fünzig Jahren so gemacht wird.
Gebe ein f :-)
Ja das stimmt
(wobei vor 50 Jahren zwar die Pulsoximetrie schon erfunden, aber noch nicht allzu verbreitet war. ;-) ).
Zumal es sich um ein vergleichsweise einfaches, weil nicht-invasives
(ein Sensor wird kurz an z.B. das Fingerchen geklebt - das war's)
preiswertes Verfahren handelt.Ein für Neugeborene geeignetes Pulsoximeter
(die Fingerclipdinger, die es bei ebay schon für 'n Appel und 'n Ei jibt, funktionieren in dem Alter noch nicht)
gibt es am Markt schon für zwei/dreitausend Euronen. In den Kliniken stehen die ohnehin zur Verfügung, bei Hausgeburten, von denen ich ohnehin nicht allzu viel halte – müsste das der die U1 durchführende Kinderarzt vorhalten. Das ist, was die Kosten angeht, ein Witz im Vergleich zu den Kosten anderer Screeningverfahren.Jau, und mein privates Stiefkind (16 J.)bekommt beim Allgemeinarzt bei jeder Visite wegen Schnupfen eine Pulsoxy. Das ist wirklich toller Standard. Ist allerdings auch in Düsseldorf-Meerbusch, wo ansonsten keine wirklich Kranken wohnen.
Es ist halt nie zu spät für einen guten Schnitt.
Die zweite: Masterplan Gesundheitswirtschaft NRW 2.0
„Mit einem Zehn-Punkte-Programm für Qualität und Wachstum in der Gesundheitswirtschaft wollen wir die medizinische Versorgung[…]
[…] in Nordrhein-Westfalen weiter verbessern und in den nächsten zehn Jahren mehr als 200.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Gleichzeitig werden wir die Gesundheitswirtschaft in den Regionen des Landes als Standortfaktor erster Güte etablieren.“ Das sagte Ministerpräsident Peer Steinbrück am 1. März 2005 in Düsseldorf anlässlich der Vorstellung des „Masterplans Gesundheitswirtschaft NRW, Version 2.0“.
Ist zwar etwas älter schon, aber da fragt man sich, spinn ich jetzt oder die? Ein Gesundheitswesen, das wir uns schon jetzt nicht mehr leisten können, das zu teuer ist und in vielen Regionen eine Versorgung nicht mehr ermöglicht – soll ausgebaut werden. Ja wovon denn? Soviel Ölscheichs gibt es leider nicht auf der Welt die in Bad Soundso sich mal eben neue Coronarien einflicken lassen. Abgesehen davon, holen die sich diese Leute mittlerweile gutbezahlte Spezialisten ins eigene Land, weil sie da ein Niveau erreichen können, was in D-Land aufgrund der Verflechtung des öffentlichen und privaten Gesundheitswesens nicht möglich ist. Und die arbeiten da auch gerne, weil die Bedingungen stimmen.
Pulsoxy bei Schnupfen?
(Mir fällt gerade der Unterkiefer in Richtung Boden)
Cool! Mit welcher therapeutischen Konsequenz denn? (Oder hat das Stiefkind eine einschlägige chronische Erkrankung? Dann könnte ich das ja glatt noch ein kleines bisschen nachvollziehen).
Besonders heiß finde ich so etwas vor dem Hintergrund, dass momentan ja wieder das SIDS-Monitoring (und da löst die Pulsoximetrie zunehmend den Herz-Atemmonitor ab) bei entsprechend als gefährdet angesehenen Kinder nach seinem wirklichen Nutzen abgeklopft wird. Selbst da schaut man genauer hin.
Den Masterplan da oben kannte ich noch nicht, aber auch unser Bundesministerium wirbt ja mit der „Spitzenmedizin für alle“.
Toll! Schon allein wenn alle Patienten leitliniengerecht behandelt würden, würde das System platzen. „Spitzenmedizin“? Für alle?
Ja nee, is klar, wenn in manchen (vor allem neuen) Bundesländern der nächste Facharzt 50 Kilometer weit weg ist.
Die Indikation ist rein liquidationstechnisch zu sehen. Ich mach mir immer einen Spass draus, aus der Rechnung auf die Krankheit zu schliessen.
Da haben Sie übrigens die Ex auch nach einem intensiven Urlaub erst mal zur stationären Colo aufgenommen. Daraufhin hatten wir erst mal keinen Urlaub, weil ich mir in unserer Zeit nicht mehr vorstellen kann, dass man direkt aus der Sprechstunde weg nur wegen einem quersitzenden Furz stationär aufgenommen wird, sondern erst mal was malignes in Betracht zog. Sie hatte dann nur Skybala. Hört sich fast so nett wie Käspätzle an.
Wenn ich daran denke, dass in meiner Zeit in der Transplantationsmedizin kaum an ein stationäres Bett zu kommen war, obwohl das TX gefährdet war, da fällt mir nüscht mehr zu ein.
Oh, das hatte ich jetzt falsch verstanden – ich dachte das Kind bekommt bei Schnupfen ein Pusloxy – also gleich das ganze Gerät – mit nach Hause, so im Sinne eines Heimmonitorings.
Eine Pulsoximetrie, so in der Praxis. Bei Schnupfen. Mei. Das ist medizinisch betrachtet
ziemlicher Schwachsinnnicht unbedingt als zwingend zielführend anzusehen, aus liquidationstechnischer Sicht hingegen….…na gut, unter Querfinanzierung PKV/GKV kann das bei der Lage der Praxis ja wohl kaum abgehakt werden und ich wusste es ja schon immer:
(((Ich selbst bin einfach zu dämlich für so eine Nummer (da würde ich im Leben nicht drauf kommen!))))
(((Ähm, war die Ex auch privat versichert???))))
;-)
Göteburg?
Göteborg, ja.
Auch die Neugeborenen dort shunten peripher sauerstoffsättigungsrelevant beim entsprechenden Herzfehler.
Eine große Studie bezüglich des Heimmonitorings bei entsprechend gefährdeten Kinder ist kürzlich in den USA gelaufen.
Allet janz intanatzional, wa.
(((Wobei sich das Lesen und Auswerten englischsprachiger Studien, die in einem eben nicht englischsprachigen Land verfasst wurden manchmal ein wenig mühsam, bis schwer erheiternd gestaltet, wobei die Schweden diese Sprache viel besser beherrschen, als es hierzulande der Fall ist – sagt der Sprachen-Dussel Frau Pepa. ;-) )))
Oder war die Frage eher als Zwischenruf so im Sinne von „ÄgYPTn???“ gemeint, Remington? (Was ich verstehen könnte, denn wenn ich mich fachlich in Rage rede – also jetzt nicht mit Patienten, da versuche ich schon verständlich zu bleiben – dann…
…dann fürchte ich, haben Nicht-Mediziner in der Tat keinen Spaß mehr am zuhören/lesen. Tschulligung.
(die Menschen in meiner Umgebung pflegen im Falle pepalich-fachlichen Übereifers für gewöhnlich zunächst ganz ernsthaft zu schauen, beginnen im Verlauf dann in aller Regel ebenso ernsthaft zu nicken und Sachen zu sagen wie: "Ja nee, is klar. Das ist eine Dingsbumspingpangiitis. Ja schlimm, dochdoch..." und so. Spätestens da merke ich dann....)
Der Hammer war dann der andere Stiefsohn, Alopecia, nach mehrmaliger Chemo. Wieso, ich hatte doch keine Chemo? Ja, Antibiose alle drei Wochen ist auch eine Form der Chemotherapie.
Die Haare sind wieder gewachsen – die Hirse, die ich zur Ankurbelung des Haarwachstums gekocht hatte, die landete im Klo. War ja auch zu billig. Dabei hatte ich sie ganz toll mit Tomate, Käse, Schinken und Origano pizzaartig aufgemacht.
Eiwei!
Das mit der Hirse kannte ich bislang nicht, die kannte ich nur als glutenfreies Getreide.
Klingt lecker, würde hier sicher nicht in der Tonne landen. (Wobei hier auch bislang auch keiner alle drei Wochen eine Antibiose konsumiert hat.)
Bei glutenfrei liegen Ihro Pepa gar nicht so daneben, wir leben, da ich Zöli, tatsächlich ohne Getreide, aber gut. Meinerseits kann ich wirklich bestätigen, dass nach längerer Hirseabstinenz die Nägel weicher werden und eine kleine Kur, die daneben ganz lecker ist zu wunderbarer Haarpracht und schönen Nägeln verhilft. Ausserdem kann, wie ich heute erst bei Frau Kaltmamsell zu berichten hatte, kein XY-Träger mehr eine Spur von Cellulitis erkennen.
Tja, die Dreiwochenantibiose gibt es wohl nur in Meerbusch, deshalb geraten ja die Feldbüsche da so gut. Entschuldigense, ausser meinem glutenfreien Pamp habe ich heute auch einen Clown gefrühstückt und mein kleiner Hund hat mir grad die Chips weggefressen.
Hirse!
Hirse muss her!
;-)