Naminews


Unsere Rakete läuft und läuft. Meist sehr wunderbar neben uns, bisweilen bei Fuß, immer mit lockerer Leine, bisweilen ohne.

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Weil wir aber immer noch nicht ganz sicher waren, ob sie das auch angesichts einer hundephobischen, armwedelnden Joggerin tun würde oder beim Anblick eines auf einem Tretrad rumeinernden Kleinkindes haben wir uns – entgegen anfänglicher Bedenken – dazu durchgerungen, den im Wald durchaus umstrittenen polnischen Hundeguru aufzusuchen. Immer im Hinterkopf, dass wir unseren Hund mittlerweile gut genug kennen, um entscheiden zu können, ob einer angemessen mit ihr umgeht und auch genug Hintern in der Hose haben, zu gehen, sollte es uns zu blöd werden.
Durchaus entscheidend waren da die guten Erfahrungen, von denen der Herr Kreuzbube vor einiger Zeit berichtet hat.

Was soll ich sagen, was wir erlebt haben hat uns nicht nur überzeugt, es hat uns schier umgehauen. Da kommuniziert jemand mit dem Hund solchermaßen auf Hundeebene (und die hat mit Clicker und Leckerchen nun mal wenig zu tun), dass er es binnen Minuten schafft, den Hund so sicher ins Platz zu legen, dass ein Radfahrer – der gerade ein wenig deppert durch den Wald schlingerte, den Hund offenbar erst gar nicht gesehen hatte – knapp haarscharf an ihm vorbei klappern kann, ohne dass unsere Nami-Rakete auch nur mit der Hundewimper zuckt.

Sehr beeindruckend auch die scharfsichtige Analyse unserer Körpersprache. Hatte was von Selbsterfahrungsgruppe, man sollte schon nicht allzu zimperlich und für Kritik offen sein – aber hey, deshalb geht man ja auch zu einem Trainer. Vieles haben wir aber auch schon instinktiv richtig gemacht. Meine Begrenzung des Hundes durch in den Arm nehmen und festhalten, wenn er sich hochgedreht hat und nicht mehr runter zu bekommen ist, wurde als vollkommen zielführend gewertet. Wir hätten aber auch keinen im Vergleich zur Ausgangssituation so ruhigen Hund, hätten wir alles falsch gemacht (was bin ich froh, dass wir schon vorher die Kurve weg von der rein verkopften Clickerchen-Leckerchen-mit-Wattebäuschen-drohen-und-dann-ganz-eingschnappt-ignorieren-Methode hin zu einer direkten, körperlichen Kommunikation mit unserem Tier gefunden haben. Durchaus nicht nur haltend, sondern auch aushaltend.)

Bin gespannt wie es weiter geht. Momentan haben wir hier einen Hund, den sogar die direkt an ihm vorbei flanierende Nachbarskatze (und wenn die was kann, dann ist es arrogant-gelangweilt FLANIEREN) kalt lässt.
Scheint zumindest einer der richtigen Weg zu sein.

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Schaun mer mal.


17 Antworten zu “Naminews”

  1. lesen tut sich das tadellos, was will man mehr.

    toll, dass sich eure intuitionen so bestätigt haben. bauch vor hirn ist eben doch oft die bessere wahl, besonders in der erziehung.

  2. Wir haben Marla nun knapp 4 Monate und wenn sie auch nicht so hyperaktiv wie Nami ist (wenn sie will kann sie allerdings auch zur Rakete werden), ist sie dafür aber immer noch übernervös. Und lässt sich seeeehr leicht ablenken.
    Oft schlagen noch die Straßenköterinstinkte durch: hab‘ ich jetzt gerade Bock auf das Kommando oder nicht? :)

  3. Ja, Frau Kelef, ich habe auch ein gutes Gefühl. [Nachtrag: Also ein gutes Gefühl bei der ganzen Aktion. Wollte mich hier nicht selbst loben, oder so. Herrje.]

    Allerdings war es wirklich erst jetzt an der Zeit, diesen Hundemenschen aufzusuchen – so für die letzte Unsicherheit, um genau diese letzte Nervosität und Ablenkbarkeit, die bei Marla vielleicht auch da ist (wobei 4 Monate ja noch eine sehr kurze Zeit sind!) heraus zu bekommen. Denn einem superschnellen Hund, der eigentlich nach vorn geht, wenn ihn etwas verunsichert – auch wenn das mittlerweile sehr sehr selten ist – kann ich nur bei bedingungslosem Gehorsam die größtmögliche Freiheit geben.

    Alle Hundetrainer, die wir bisher aufgesucht haben (die ersten traten im Zweierpack auf) sind letztlich an Nami gescheitert. Dieser hier offenbar nicht – der hat es aber auch in Kauf genommen, sich von der Dame in die Hand schnappen zu lassen (sie warnt nur und auch das sehr selten, zugebissen hat sie noch nie) und hat sie danach so lange angeknurrt, bis sie aufgegeben und sich auf den Rücken gedreht hat. Und genau das haben zumindest die ersten beiden Hundeexperten gefürchtet wie der Teufel das Weihwasser und statt dessen mit Leckerchen und Leckerchen und Leckerchen… – was das Problem ja lediglich unter der Teppich kehrt. (Ich habe die Warnung noch im Ohr: „Seid bloß vorsichtig, sonst werdet ihr von der gebissen!!!“)

    Dennoch haben sie uns weiter gebracht, ganz zu Anfang. Mit dieser ganz direkten Methode wären wir vermutlich bei diesem Hund erstmal überfordert gewesen und hätten wahrscheinlich nicht diese freundliche enge Bindung aufbauen können. (Nami hat sich während der Trainingsstunden nicht dem Hundemenschen, sondern mir angeschlossen – sie weicht auch sonst beim Spaziergang selten von meiner Seite, die ganz wenigen Ausnahmen, die es jetzt zu eliminieren gilt, einmal abgesehen.)
    Die dritte (zweite) Hundetrainerin war zunächst auf einem guten Weg – bekam Nami dann aber ohne Leine doch nicht in den Griff und sprach schließlich vom Einsatz eines Stromhalsbandes. Das war dann die letzte Stunde bei ihr – wobei die Frau mit anderen Hunden sicher Erfolg hat, gar keine Frage.

    Nun ja, Fakt ist, dass sich Nami mittlerweile nicht nur im Haus, sondern auch im Garten (wenn ich da an früher denke! Sie hat versucht sich zur anderen Erdseite durchzugraben vor lauter Nervosität) und jetzt auch zunehmen auf den Spaziergängen und in besonderen Situationen wie Besuch etc. entspannt.
    War und ist harte Arbeit, aber wenn man sie so viel relaxter durch ihr Hundeleben laufen sieht, dann weiß man, dass es sich lohnt.

  4. wow. toll, wirklich, hut ab vor eurem sprachtalent und der geduld. und wie sie hinschaut oben auf dem bild! man ahnt die energie dahinter.

  5. Oh danke! :-)
    Das mit unserem Sprachtalent ist relativ – wir nuscheln ab und zu doch noch ziemlich rum.
    Andererseits ist die Wirkung erstaunlich, hat man seinen körpersprachlichen Ausdruck erst einmal unter Kontrolle gebracht. Das Doofe ist nur, bei unserem Vieh muss alles blitzschnell und präzise geschehen. Wir üben noch ;-)

    Zum Glück kann man Nami gut lesen. Zumindest sie hat einen ganz präzisen und variablen Ausdruck (ich wüsste nicht, was wir machen würden, hätte die Rakete auch noch jede Menge Fell im Gesicht!)

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    So geht’s aber auch:

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  6. Gratuliere! Es ist schwer, das zu empfehlen, weil man selbst weit genug dafür sein muss, denn sonst versteht man nicht, worum es da geht. Der Hund lernt, sich zu entspannen. Das glaubt aber kaum einer, der es nicht selbst erlebt hat.

    Ich werde mal demnächst einen Erlebnisbericht bloggen, wie es war, in Berlin, als schließlich alles rundherum gestimmt hat, innerlich wie äußerlich.

    So viel aber dennoch, um Enttäuschungen vorzubeugen: Wenn es mal nicht so läuft, wie ihr das bei J. erlebt habt: Es ist immer ein Unterschied, ob der Trainer dabei ist oder nicht. Man fühlt einen guten Teil der Verantwortung von sich genommen, fühlt sich schlagartig sicher und alleine das verändert sehr viel. Und es kommt hinzu, dass ein versierter Trainer stets den Respekt des Hundes hat. Die Hunde nehmen sehr genau wahr, viel mehr als wir, dass da jemand weiss, was er will und dass er durch und durch Bestimmtheit verkörpert. Der Hund nimmt auch sehr genau die Ausstrahlung des restlichen Rudels wahr, indem es keine Aufregung gibt. Und der Hund erlebt den Trainer nie anders als ruhig, konsequent und bestimmt. Er kennt und erlebt keine Schwächen des Trainers. Auch für mich ist es oft einfach, mit fremden Hunden umzugehen, bisweilen sehr viel einfacher, als das ihren Besitzern möglich ist.

    Dass Nami an eurer Seite bleibt, ist doch schön. Sicherheit und Vertrauen soll sie ja bei euch suchen. Dass sie aber so ruhig blieb und nicht gestartet ist zeigt, dass ihr Vertrauen in die Sicherheit an eurer Seite viel größer war als zuvor. Hunde sind bisweilen wie verwandelt, wenn sie auf einmal mit ganz klarer Körpersprache konfrontiert werden. Man muss sie nur einmal untereinander betrachten, da ist das ganz deutlich zu sehen. Das hat alles nichts mit Angst voreinander zu tun, aber mit Respekt. Assistenzärztin Pepa ist mit Sicherheit auch nicht morgens zum Chefarzt gekommen und hat ihm auf den Rücken gehauen: „Eh, Chefe, was geht?“ Kein Grund, warum wir den Hunden das erlauben sollten.

  7. „Man fühlt einen guten Teil der Verantwortung von sich genommen, fühlt sich schlagartig sicher und alleine das verändert sehr viel.“
    Genau danach hatte ich gesucht, denn wir waren an einem Punkt angekommen, an dem wir den Hund zwar unter Kontrolle hatte, aber unter permanenter Anspannung und mir war klar, aus der Nummer komme ich ohne Hilfe nicht heraus.
    Alle andere „Hundetrainer“ kamen für diese Übernahme der Verantwortung aber nicht in Frage, weil sie selbst Schiss vor Nami, oder zumindest vor ihren schnellen, unberechenbaren Reaktionen hatten. Der Einzige, von dem ich sicher wusste, dass er der Situation gewachsen ist, war eben der J. (und der ist ja noch unglaublicher, als wir es aus der Ferner vermuten konnten.).
    In der ersten Stunde die uns der J. begleitet/unterrichtet hat, war sein Rudel gar nicht dabei, erst in der zweiten. Wir kennen seine Hunde ja, aber so mitten drin haben wir halt auch noch nicht lange gestanden – es ist schon extrem beeindruckend.

    Und Tante Pepa als Assistenzärztin…
    …. warte mal, da muss ich überlegen, das ist ca. 20 Jahre her….
    Nein, so habe ich mich selbstverständlich nicht verhalten, wobei ich durchaus auch einen Chef hatte, der solch ein Verhalten nicht übel genommen hätte.

  8. Das ist gar nicht ungewöhnlich, dass Hundetrainer selbst Angst haben. Bestimmte Persönlichkeitsstrukturen führen zu bestimmten Anschauungen und wenn die dann mal mit der Realität konfrontiert werden, kommt schlagartig Unsicherheit auf. Ich hatte es ja schon mal geschrieben, wenn der Hund außer den Leckerli gleich den halben Arm mitnimmt, dann wird es spannend.

    Die Hunde fahren übrigens auch alle gemeinsam im Kleinbus oder warten darin. Das ist ein selten gesehener Anblick, wenn 15 Vierbeiner alle nebeneinander liegen, ganz ruhig, ohne dass jemand sie beaufsichtigt oder kontrolliert. Wir haben uns teilweise auch einzelne oder Gruppen herausgeholt, je nachdem, was wir mit Rio vorhatten. Die stiegen wie gerufen ein und aus und unser Rio kam aus dem Staunen nicht heraus. Anfangs war ihm das gar nicht geheuer – und nach einer halben Stunde Belastung lief er schwanzwedelnd und ohne Maulkorb mit den anderen durchs Unterholz. Seitdem gefällt es ihm bei euch in der Gegend sehr gut.

  9. Dass Hundetrainer selbst Angst vor Hunden haben könnten, habe ich – ganz naiv – erstmal nicht in Betracht gezogen; schließlich kenne ich auch keinen Chirurgen, der kein Blut sehen kann. Und das mit den bestimmten Persönlichkeitsstrukturen – ja doch, das stimmt. Diese Trainer-Persönlichkeiten finden ihre Entsprechung in den Hundehalterpersönlichkeiten…
    …hier im Auslaufgebiet kann man so seine Studien treiben – und ist gleichzeitig Objekt der Beobachtung, dass es nur so kracht.

    Ja, der J. und seine disziplinierte Hundebande sind schon phänomenal – dennoch gibt es den einen oder anderen, der ihm am liebsten den Tierschutz auf den Hals hetzen möchte – ohne eigentlich genau zu wissen warum.
    Du bist bisher der Einzige, der beschreiben konnte, was der J. eigentlich macht. Alle anderen, selbst die Leute, die sich und ihre Hunde von ihm haben trainieren lassen, ergehen sich in merkwürdigen, äußerst missverständlichen Andeutungen.

  10. „Du bist bisher der Einzige, der beschreiben konnte, was der J. eigentlich macht“

    Das liegt daran, dass ich genau das schon lange mache. Ich habe immer wieder festgestellt, dass viele Leute ohne zu wissen, was überhaupt geschieht, zu allem eine Meinung haben und darüber auch trefflich streiten. Ich hatte das, als das Internet noch neuer war, konkret einmal anlässlich einer Diskussion um unerwünschtes Jagen des Hundes erlebt und daraufhin einfach im Detail einen Trainingsaufbau beschrieben, den ich unter Anleitung eines (damals noch in Berlin) lebenden Könners geübt hatte, das war so um 1998 herum oder so. Und seitdem bin ich weitgehend dabei geblieben, einfach zu beschreiben, was ich tue oder erlebe, anstatt anderen meine Meinung zu sagen.

    Bei Rio war es später noch einmal ähnlich. Auch da war es so, dass welche von vornherein eine feststehende Meinung hatten, bevor sie noch wussten, wie ich überhaupt vorgehe. Und die lauteste Meinung äußerten jene, die selbst ohne jede Erfahrung mit bissigen Hunden waren.

  11. Diese Meinung zu allem und jedem kenne ich ja hinlänglich aus meinem eigenen Fachgebiet. War schließlich jeder schonmal krank, also kann auch jeder mitreden. Jawoll.
    Und dass Leute ungefragt in den Kinderwagen schauen und sich zur Säuglings- ernährung, -windelung, -erziehung (!) äußern, passiert auch ganz vielen Eltern (mir ist das damals komischerweise nie passiert – hätte auch mal einer wagen sollen…)
    Bei den Hunden hat das aber in der Tat noch einmal eine sehr speziellen Qualität. Da scheint es mittlerweile einen geradezu zementierten ideologischen Überbau zu geben.
    (Eine ähnliche, manchmal geradezu religiös anmutende Vehemenz habe ich bislang nur (lach nicht!) in einer Blockflöten-Community erlebt, mit der der Huflaikhan vor einiger Zeit zu tun hatte. Heiland! Die sind vielleicht verbohrt!)

    Ich bin jedenfalls sehr froh darüber, dass wir jetzt bei J. gelandet sind.
    Manchmal sucht man etwas und bekommt gar nicht mit, dass man eigentlich nur ein paar Schritte gehen muss, um es zu finden.

  12. Blockflöten-Taliban? So was gibt’s auch?

    Wie muss man sich das vorstellen: Treffen selbst keinen Ton, geschweige denn ihn halten zu können, sagen aber anderen, was sie falsch machen?

  13. Also was die so untereinander treiben („du warst zu hoch“ „nein du warst zu tief“ „wir sehen uns bei der fermate“) weiß ich nicht.
    Ich weiß nur, dass der Huflaikhan mal nach einer Sendung mächtig Ärger mit denen bekommen hat, weil, die Blockflöte ist DAS Instrument, ja?! Von allen verkannt! Da stellt man keine dummen Fragen! Und so, nich?!
    En detail erinnere ich mich nicht mehr an den inhaltleeren Inhalt der Kommentare – ich weiß nur noch, dass wir hier ob der immensen Verbohrheit der Blockflötisten kopfschüttelnd vor den Bildschirmen saßen.